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Erschienen am: 24.05.2024
150 Jahre Theodolitpolygonierung
Der 24. Mai 1874 war ein besonderer Tag. Er markiert die Geburtsstunde der Theodolitpolygonierung in Bayern. Im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs nach den Kriegsjahren 1870/71 setzte eine rege Bautätigkeit ein. Die bisherigen Flurkarten im Maßstab 1 : 2500 genügten insbesondere für die Städte den damaligen Anforderungen nicht mehr. Nachdem 1873 die Triangulierung des Dreiecksnetzes beendet worden war, wurde mit der Entschließung Nr. 5, 635 vom 24. Mai 1874 im Rahmen der Katasterneuvermessung in Nürnberg versuchsweise das neue Verfahren der Theodolitmessung angeordnet.
Bis 1883 wurde bei der Grundstücksvermessung in Bayern in der Hauptsache noch das Verfahren der Messtischaufnahme eingesetzt. Bei dieser Methode wurden die Messungen im Gelände ausgewertet und die Ergebnisse unmittelbar auf dem Messtisch kartiert. Die neue Orthogonalmethode, auch Zahlenmethode genannt, löste das grafische Verfahren der Messtischaufnahme ab und konnte vor allem durch höhere Genauigkeit sowie die Erstellung
von Karten in beliebigen Maßstäben überzeugen.
Die Basis für die Orthogonalmethode war die Theodolitpolygonierung. Ausgehend von den Punkten des Dreiecksnetzes erfolgte dessen weitere Verdichtung durch die Festlegung von Polygonpunkten. Dabei kam als Winkelmessgerät der Theodolit zum Einsatz. Die dadurch festgelegten Festpunkte bildeten wiederum ein Liniennetz als Grundlage für die Orthogonalaufnahme, um wichtige Details für die Grundstücks- und Gebäudevermessungen zu gewinnen. Die Orthogonalaufnahme wurde nach der Einführung der elektronischen Entfernungsmesser um das Jahr 1970 mehr und mehr durch die Polaraufnahme abgelöst. Die Methode der Theodolitpolygonierung in Verbindung mit der Orthogonalaufnahme war jedoch so zweckmäßig, dass sie die Katastervermessung in Bayern über 100 Jahre lang geprägt hatte. Die Technik der Messpunktbestimmung durch Polygonierung mit dem Theodolit behält auch in der heutigen Zeit trotz fortschrittlicher Satellitengeodäsie ihre Unverzichtbarkeit und findet insbesondere in Waldgebieten und abgeschatteten Regionen weiterhin seine Verwendung.
Quelle: Max Seeberger: Wie Bayern vermessen wurde. Augsburg: Haus der Bayerischen Geschichte 2001.